Tor gegen den LSK: Hendrik Weydandt (3. v. l.) jubelt über seinen 2:1-Siegtreffer für Germania Egestorf/Langreder. Das war im Jahr 2017, ein Jahr vor seinem Wechsel zu Hannover 96. Foto: HEIMSPIEL.media

Es ist eines dieser Märchen, wie sie nur der Fußball schreibt. Im Jahr 2013 kickte Henrik Weydandt noch in der Kreisliga beim Dorfklub TSV Groß Munzel (Stadtteil von Barsinghausen). Jetzt ist der 23-jährige Torjäger die große Hoffnung von Hannover 96, wenn das Projekt Wiederaufstieg in die 1. Bundesliga startet.

Immer wieder ärgerte Weydandt den LSK

Weydandt hat auch eine “LSK-Vergangenheit”. Oft genug hat er die Lüneburger geärgert – im Trikot des Regionalligisten Egestorf/Langreder, für den er ab 2014 spielte. So am 26. April 2017, als er in der 82. Minute in Bardowick den 2:1-Siegtreffer gegen den LSK Hansa schoss. Oder einige Monate später, am 3. September 2017, als er auf dem VfL-Platz schon wieder zulangte und das 1:0-Siegtor erzielte.

Henrik Weydandt wurde in der abgelaufenen Bundesliga-Saison zum Stammspieler und Publikumsliebling bei Hannover 96. Foto: 96

In diesen Spielen gegen den LSK fiel der Torjäger auf. Nicht nur wegen seiner Größe von 1,95 Meter, schon gar nicht durch technische Brillanz. Aber durch seine Wucht, seine Durchsetzungskraft und seine Zielstrebigkeit. Ein echter Sturmtank, einer, der vorangeht auf dem Platz und die Sache entscheidet.

Lange verkannte man die Fähigkeiten des Kickers vom Dorf. Zwar bekam Weydandt mit 14 Jahren mal das Angebot, in die Jugend von Hannover 96 zu wechseln. Doch er wollte damals nicht ins Fußball-Internat, lieber weiter mit seinen Freunden beim TSV Groß Munzel spielen und das Abitur machen. Weydandt kickte in der Jugend-Kreisklasse. Seine schönsten Erfolgserlebnisse: Einmal gewann er den Sparkassen-Cup, einmal die Stadtmeisterschaft von Barsinghausen. “Das waren große Erfolge für unseren kleinen Verein”, erinnerte er sich in einem Interview mit dem Fußballmagazin “11 Freunde”.

“Mein bestes Spiel? Gegen Basche United!”

Als der Wechsel in den Herrenbereich anstand, gab es Angebote aus der Bezirksliga. Doch der bodenständige Weydandt wollte noch eine Saison mit seinen Kumpels spielen. In der Kreisliga. Auch daran hat er schöne Erinnerungen: “In dieser Saison habe ich das beste Spiel meiner Karriere gemacht. Gegen Basche United. Da habe ich fünf Tore geschossen.”

Erst danach wechselte Weydandt zum damaligen Oberligisten Germania Egestorf/Langreder. 2016 stieg er mit dem Verein in die Regionalliga auf. Weydandt schoss die Germanen in der Saison 2016/17 mit 12 Toren auf Platz 5, in der Saison 2017/18 mit 15 Toren auf Platz 10.

Da fragte Hannover 96 ein zweites Mal an. Der Bundesliga-Klub suchte einen Torjäger für seine 2. Mannschaft in der Regionalliga. Doch da gab Weydandt ab Juli 2018 nur ein kurzes Gastspiel. Denn der damalige Profitrainer André Breitenreiter, früher selbst Stürmer, erkannte schnell: Mensch, der ist ja richtig gut!

Hendrik Weydandt (vorne) ist zum neuen Hoffnungsträger bei Hannover 96 aufgestiegen. Foto: 96

Breitenreiter nahm Weydandt mit ins einwöchige Trainingslager nach St. Peter Ording. Der Stürmer nutzte seine Chance. Schon im September unterschrieb er einen Profivertrag. Der Rest der Geschichte ist bekannt. Weydandt wurde zum Stammspieler, absolvierte in der abgelaufenen Bundesliga-Saison 28 Spiele, schoss 6 Tore, gab 2 Torvorlagen. Er gehörte beim frustrierenden Abstieg zu den wenigen Lichtblicken.

Um ihn herum und andere Korsettstanden will 96 das neue Team aufbauen. Was für ein steiler Aufstieg!

Dabei ist der Student auf dem Boden geblieben. Auch als der Bundesliga-Trubel einsetzte, blieb er in seiner Dreier-Wohngemeinschaft mit zwei ehemaligen Mitspielern aus der Regionalliga wohnen. In einem 14-Quadratmeter-Zimmer. Weydandt hat im Vorjahr sein BWL-Studium mit dem Bachelor in Steuer- und Revisionswesen abgeschlossen. Berufsziel: Er möchte später in die Steuerberaterkanzlei seines Vaters einsteigen.

“Ich mache mir nicht viel aus Geld und tollen Autos”

Bodenständig geblieben: Hendrik Weydandt lässt sich nicht vom Glamour der Bundesliga blenden – das gefällt den Fans. Foto: 96

“Bei mir ging es so schnell nach oben – genauso schnell kann es auch wieder herunter gehen. Durch welche Umstände auch immer. Im Endeffekt reicht ja eine Verletzung. Da bin ich Realist genug”, sagte der 23-Jährige im “11 Freunde”-Interview. Und Weydandt (aktueller Marktwert: 1 Million Euro) sagte auch: “Ich mache mir nicht viel aus Geld. Hört sich doof an, aber ich bin kein materialistischer Typ. Ich definiere mich nicht über ein abnormal teures Paar Schuhe oder ein tolles Auto.”

Weydandt ist der etwas andere Bundesliga-Profi. Deshalb (und natürlich wegen seiner Tore) lieben ihn die 96-Fans, deshalb ist der Stürmer vom Dorf zum Hoffnungsträger eines Bundesliga-Vereins geworden.

Der LSK Hansa freut sich auf das Wiedersehen mit Henrik Weydandt!