Versaute Grüße von Thorsten & Tanja – wie das LSK-Schwein in die Schweiz kam

Foto: privat
Was macht das Schwein in der Schweiz? LSK-Finanzvorstand Henning Constien war erstaunt, als er kürzlich bei der LSK-Retter-Aktion auch eine Spende von Thorsten und Tanja Glasemann bekam – aus der Schweiz! Noch mehr verwunderte ihn das beigefügte Foto, auf dem die beiden eine LSK-Sau auf dem Arm halten. Wie kommt das denn? Da haben wir die Fährte mal verfolgt und bei den Glasemanns nachgehakt.
„Wir sind beide in der Nähe von Lüneburg geboren,“ berichtet Tanja. Thorsten entdeckte in der Saison 1977/78 seine Leidenschaft für den LSK. Da war seine spätere Frau Tanja erst vier Jahre alt. Es war die Zeit, als Rainer Zobel nach seinem Wechsel vom FC Bayern München zum LSK für unglaubliche Fußball-Euphorie in Lüneburg sorgte. „Der LSK hatte am siebten Spieltag die Spitze der Tabelle erobert und den Aufstieg in die Landesliga, damals die vierte Liga, schon vor dem letzten Spieltag der Aufstiegsrunde im Sack“, erinnert sich Thorsten.
Als Thorsten sein Herz an den LSK verlor
Mit einem 1:0 in Esens durch Torjäger Roland „Bomber“ Ulbrich hatte der LSK den Aufstieg nach mehreren Anläufen endlich klargemacht. Die Aufstiegshelden hießen damals neben Zobel und Ulbrich: Scheller, Schröder, Neumann, Körtge, Olaidotter, Kosak, Warsitzka, Jaschik, Gurski, Nitschke, Urban, Razza, Kirk und Zirfas. Trainer in diesen Erfolgsjahren war Horst Rieckmann.

Foto: Archiv Rölcke
„Ich kenne die Geschichten aus jenen Tagen nur aus Erzählungen von Fred Oelfke, Peter Abels und meinem Thorsten”, sagt Tanja Glasemann. Thorsten Glasemann war damals bei jedem Heimspiel in Wilschenbruch. „Wenn das LSK-Spiel mal nicht so lief, half nur noch eins: Bier trinken, ran an die Bande und reinbrüllen ,Lüüüneeeburg!’, ,Du musst über links kommen!’ und ,Kämpfen, LSK, kämpfen!’. Und alles wendete sich zum Guten“, erinnert sich Thorsten schmunzelnd.
Der LSK brachte Tanja und Thorsten zusammen
Und wie kam Tanja zum Fußball? „Ich habe meine Leidenschaft für den LSK bei der ,Eroberung’ meines Mannes entdeckt. Als wir beide noch kein Paar waren, sind wir jeden Morgen zusammen mit dem Zug im Bistro-Wagen nach Hamburg gefahren. Ich in die kieferorthopädische Praxis und abends zum BWL-Studium, Thorsten zur HEW, jetzt Vattenfall, um als Elektroingenieur für eine sichere Stromversorgung in Hamburg und Berlin zu sorgen. Ich musste irgendwie einen Anknüpfungspunkt finden, um mit ihm ins Gespräch zu kommen. Was war da besser als Fußball und der LSK“, erzählt Tanja Glasemann.
Es funkte zwischen den beiden, in den 90er Jahren wurden sie ein Paar. „So las ich morgens beim Frühstück über seine Schulter, dicht an ihn gedrückt, mit ihm die LZ-Sportseite und wir regten uns darüber auf, warum Timo Ehle oder Marinus Bester das Tor nicht gemacht hatten oder warum Maik Kruse so pomadig gespielt hatte. Wir wussten das“, lacht sie.
Von den Ultras zu Peter Fisch und Fussy

Foto: LSK-Archiv
Ab 1999 gingen Tanja und Thorsten gemeinsam zu jedem Heimspiel des LSK. „Wir standen eine Halbzeit bei den Ultras, riefen nach dem ,Hubschraubereinsatz!’, und in der zweiten Halbzeit bei den etwas gesitteteren Herren wie Peter Fisch, Jürgen Kleinlein und Thomas Wiebe direkt vor dem Vereinsheim. Die waren, genau wie wir, ja sowieso die besseren Trainer und kommentierten Fehler mit einem tiefen Seufzer, ,Junge, Junge, Junge!’ und mehr,“ weiß Thorsten noch. Danach ging’s in die dritte Halbzeit – die turbulenten „Aftershow-Partys“ im LSK-Klubheim beim stets gutgelaunten Vereinswirt Fussy Trapp genossen die Glasemanns in vollen Zügen.
Erinnerungen an Maschine und Marine
Welche LSK-Spieler haben sie besonders ins Herz geschlossen? „Schnecke Wagner bleibt mir unvergessen mit seinen drei Toren beim 4:3 gegen Neumünster im Aufstiegsspiel 1980″, schwärmt Thorsten.
„Genauso Verteidiger Thorsten Sachs, der immer von seiner Mutti Waltraud Sachs lautstark unterstützt wurde“, sagt Tanja, „nicht zu vergessen Marine Bester, Timo Ehle Fußballgott und Stefan Richter, den ich schon als Rotznase kannte.“
Auch bei Thorsten sprudeln die Erinnerungen: „Ich denke an die grandiosen Einsätze im Mittelfeld von Maschine Radtke, der alles aus dem Weg fegte – in einem Team großartigen Spielern wie Torben Tutas und Jens Scharping.“ Tanja fallen noch zwei Herzensbrecher ein: „Riccardo Baich, der Schwarm aller Mädchen, und Benjamin ,Tilli’ Tillack, der eher Zurückhaltende.“
„Marine“ Bester „Maschine“ Radtke Stefan Richter Benjamin Tillack Riccardo Baich Torben Tutas
Und Thorsten bleiben auch einige LSK-Trainer unvergessen: „Ralle Sievers, Elard Ostermann und Rainer Zobel, die immer hinter ihrer Mannschaft standen und Spielern wie Patrick Owomoyela sogar die Chance ermöglicht haben, in der Nationalmannschaft zu spielen.“
Die LSK-Leidenschaft wurde bei Familie Glasemann natürlich vererbt. „Wie sollte es anders sein?“, zuckt Tanja mit den Schultern, „erst haben wir unseren Sohn immer ,gequält’, mit zu den Heimspielen zu kommen, dann hat er selber in der LSK-Jugend gespielt.“
Thorsten steht immer noch unter Strom
Doch dann war es vorbei mit der LSK-Herrlichkeit. „Da wir beide viel Unsinn im Kopf haben, wollten wir uns vor Thorstens 50. Geburtstag ganz neu orientieren“, erinnert sich Tanja. Die beiden überlegten: „Wo versteht man uns und wo verstehen wir schnell die Sprache, abgesehen von Mallorca? Schweiz!“ Gesagt, getan: „Ende 2010 sind wir nach Kölliken in die Schweiz gegangen“, erzählt Thorsten, „unsere Kinder waren damals in einem Alter, wo sie ihre eigenen Wege gingen und die ,Alten’ nicht mehr brauchten.“
Thorsten ist heute auch in der Schweiz für die Stromversorgung zuständig: „Erst vom Nordkap bis Palermo, jetzt nur noch für die Schweizerische Bundesbahn. Aber die ist pünktlich!“, lacht Thorsten. Tanja arbeitet jetzt in der Pharmabranche. „Als Project-Control-Specialist. Klingt trocken, ist aber eine spannende Schnittstellen-Funktion”, erzählt sie vom neuen Leben.
„FC Aarau ist wie der LSK”
Doch was ist ein Leben ohne den LSK? Das hat Thorsten schnell gemerkt: „Was sollten wir nun am Sonntag tun? Es musste ein ähnlicher Verein wie der LSK her. Der Zweitligist FC Aarau! Auch schwarz-weiße Trikots, auch immer in Geldschwierigkeiten und zur Zeit auch mit einem Stadionproblem – wie der LSK.“
Der Blick ging aber aus dem Kanton Aargau immer wieder nach Lüneburg. „Als dann im Jahr 2014 in Wilschenbruch alles verkauft wurde, quengelten Thorsten und ich bei meinen Eltern, bei Carmen und Peter Albert, so lange rum, bis die beiden zu Jürgen Kleinlein gegangen sind und für uns die LSK-Sau ersteigert haben, damit sie nicht Opfer der Planierraupe wird.“
Diese LSK-Sau gehörte im Jahr 2000 zur großen Salzsau-Parade. Über 150 prächtig bemalte Kunstschweine standen im Lüneburger Stadtgebiet. Die originelle Aktion sorgte bundesweit für Aufsehen. Die LSK-Sau thronte danach bis 2014 auf dem Dach der Imbissbude vor dem Vereinsheim in Wilschenbruch.
Nachts mit der Sau über die Grenze
Und wie kam die Sau in die Schweiz? Thorsten: „In einer Nacht- und Nebel-Aktion haben meine Schwiegereltern sie dann über die Grenze gebracht. Wir haben sie liebevoll abgeschliffen, grundiert und ihr ein neues Leben mit einem schönen Anstrich geschenkt.“
Thorsten und Tanja Glasemann verfolgen regelmäßig im Internet auf der LSK-Website lsk-hansa.de, was bei ihrem Lieblingsverein los ist. Die beiden haben einen Traum: „Die LSK-Sau soll eines Tages nach Lüneburg zurückkehren und im neuen LSK-Stadion stehen.” Saugeile Idee!
Bis dahin wird aber wohl noch einiges Wasser die Ilmenau hinunterfließen. Jetzt schicken die beiden LSK-Schwein-Pflegeeltern erstmal „versaute und sonnige Ostergrüße aus der Schweiz“.
Herzliche Grüße zurück, Tanja und Thorsten, auf ein Nach-Corona-Wiedersehen in der alten Heimat beim LSK!