Vor 40 Jahren, als die Aufstiegshelden des LSK Geschichte schrieben

Foto: Archiv Rölcke
Es gibt Erlebnisse, die verbinden Menschen ein Leben lang. Der Aufstieg des Lüneburger SK im Jahr 1980 war solch ein Erlebnis. Viele Fans erinnern sich bis heute an diese Aufstiegsrunde, vor allem an die legendären Spiele gegen Neumünster und in Bergedorf. An den Aufstieg in die 3. Liga. Unvergessen. Besonders für die Spieler von damals.
Am Pfingstsamstag, also genau heute vor 40 Jahren, begann die Aufstiegsrunde, die mit dem Triumph in Bergedorf endete. Zeit für eine große Rückschau auf ein großes Kapitel LSK-Geschichte.
1980: Santa Maria, Black Beauty und der Nippel

1980 – was war das eigentlich für ein Jahr? „Sun of Jamaica“ (Goombay Dance Band), „It’s a real good feeling“ von Peter Kent und „Another brick in the wall“ (Pink Floyd) hießen die internationalen Hits des Jahres. Bei den Freunden des deutschen Gesangs lagen Roland Kaiser mit „Santa Maria“, Gitte mit „Freu dich bloß nicht so früh“ und Mike Krüger mit „Der Nippel“ vorne in der Gunst.
Helmut Schmidt wurde als Kanzler einer SPD-FDP-Regierung wiedergewählt, Ronald Reagan wurde US-Präsident. Die UdSSR marschierten in Afghanistan ein, weshalb viele Länder – auch die Bundesrepublik – die Olympischen Spiele in Moskau boykottierten.
Die Filmhits des Jahres 1980 hießen „Das Imperium schlägt zurück“, „Shining“, „Wenn der Postmann zweimal klingelt“, „Blues Brothers“ und „Zärtliche Cousinen“. Im Fernsehen starteten die Shows „Verstehen Sie Spaß?“ und „Rate mal mit Rosenthal“, die Serien „Black Beauty“ und „Die rote Zora“ liefen an.

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Und der FC Bayern München um Rummenigge, Augenthaler und Breitner wurde im Jahr 1980 Deutscher Fußballmeister, knapp vor dem Titelverteidiger HSV.
Doch all das kümmerte die LSK-Fans wenig. Lüneburg war damals vom Fußball-Fieber gepackt. Bis zu 6400 Fans strömten zu den Heimspielen in Wilschenbruch. „Das war damals der zweithöchste Zuschauerschnitt von allen deutschen Amateurvereinen. Nur 1860 München hatte noch mehr“, erinnert sich Christoph Steiner, der damals als junger Sportreporter der Landeszeitung hautnah am LSK dran war.
Als Zobel vom FC Bayern zum LSK wechselte

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Der LSK war in der Saison 1979/80 überlegener Meister der Verbandsliga geworden, auch dank 35 Toren von Roland Ulbrich, genannt der „Bomber“. Der Torjäger spielte damals in der wohl besten LSK-Mannschaft aller Zeiten.
Star des Teams war Rainer Zobel, der 1976 als 27-Jähriger vom FC Bayern München zum LSK gewechselt war. Er hatte mit den Weltstars Maier, Beckenbauer, Breitner und Müller 1974, 1975 und 1976 dreimal hintereinander den Europapokal der Landesmeister (heute Champions League) gewonnen. Doch dann gab es Vertragsknatsch. Der Hamburger SV wollte Zobel. „Ich habe mit HSV-Präsident Dr. Peter Krohn verhandelt. Doch wegen der DFB-Statuten wäre eine Ablösesumme von zwei Millionen Mark fällig gewesen. Das war dem HSV zu viel“, erinnert sich Zobel. Da ließ sich der Bayern-Star kurzerhand reamateurisieren und wechselte zum LSK. Eine Sensation – und der Beginn einer großen Ära.
Ausgerechnet Zobel patzt beim Auftakt in Neumünster
Die LSK-Blütezeit erreichte 1980 ihren Höhepunkt. Die Aufstiegsrunde zur Amateur-Oberliga Nord, damals die dritte Liga, begann mit einem Schock: 0:2 unterlag der LSK am Pfingstsamstag, 24. Mai, vor 3800 Zuschauern beim VfR Neumünster. Ausgerechnet Topstar Zobel leitete die Niederlage ein. Beim Abstoß trat er in der 82. Minute in den Boden, sodass der Ball am 16er zu VfR-Goalgetter Hamann trudelte, der sich mit dem 1:0 bedankte. Der LSK war die bessere Mannschaft gewesen. Doch Neumünster legte auch noch das 2:0 nach.
5:1-Gala gegen Bergedorf – 6400 Fans begeistert

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Frust in Lüneburg. Trotzdem kamen Pfingstmontag zum Heimspiel gegen Bergedorf 6400 Zuschauer! Die Gäste liefen mit ihrem „Wunderkind“ Norbert Meier auf, der schon einen Profivertrag bei Werder Bremen in der Tasche hatte. Und Bergedorf 85 begann wie die Feuerwehr, ging schnell 1:0 in Führung. Entsetzen auf den Rängen. Doch nicht lange. Jetzt drehten Zobel, Sievers, Stäcker & Co. richtig auf: 1:1 durch Kopfball Ulbrich, 2:1 durch Kopfball Warsitzka, 3:1 durch Abstauber Wagner, 4:1 durch Distanzschuss Körtge, 5:1 durch 18-Meter-Hammer von Stäcker! Wilschenbruch im Freudentaumel!
Tumulte nach dem Last-minute-Elfer gegen Celle

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Nächstes Heimspiel am Sonntag, 1. Juni, gegen TuS Celle. Wieder über 6000 Zuschauer. Der LSK ließ nichts anbrennen, gewann durch zwei Tore von Ulbrich und eine Distanzgranate von „Kuddi“ Körtge glatt 3:0.
Eine Woche später trafen beide Teams wieder aufeinander. 3500 Fans in Celle, viele aus Lüneburg. Der LSK traf diesmal auf einen wesentlich stärkeren Gegner. Celle ging in der 73. Minute durch Friedrichsen in Führung. Die Aufstiegshoffnungen des LSK schwanden. Doch in der 90. Minute wurde Ulbrich im 16er attackiert. Kaum jemand sah Foulspiel, aber der Schiedsrichter. Elfmeter! Ulbrich lief an, verwandelte eiskalt gegen Keeper Ritter. 1:1! Gott und Schiri sei Dank! Danach Tumulte, Hunderte wütende Celler Fans auf dem Platz.
Als Karsten Wagner kam, sah und siegte
Nach diesem Remis stand der LSK mit dem Rücken zur Wand. Am Samstag, 14. Juni, um 15.30 Uhr sollte unbedingt ein Heimsieg gegen den starken VfR Neumünster her. Ein brütendheißer Tag. Wieder kamen über 6000 Zuschauer, obwohl um 17.45 Uhr das EM-Gruppenspiel Deutschland gegen Holland (3:2) angepfiffen wurde. Dann begann in Wilschenbruch ein Drama, das in die Lüneburger Fußball-Geschichte eingehen sollte.

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Es fehlte LSK-Libero „Ditschi“ Ripp. Der HSV-Europapokalsieger hatte sich beim 1:1 in Celle schwer verletzt, fiel für den Rest der Aufstiegsrunde aus. Das Neumünster-Spiel begann mit einem Stimmungskiller: 0:1 in der 23. Minute durch Haltenhof – nach einem Missverständnis der sonst so zuverlässigen Krause-Brüder. LSK-Linksaußen „Flocke“ Fleske glich in der 38. Minute nach Flanke von Martin Stäcker aus. Riesenjubel in Wilschenbruch. Doch dann der Doppel-Dämpfer: VfR-Torjäger Hamann machte in der 41. Minute das 1:2 – und kurz nach der Pause (46.) auch noch das 1:3. Die Drittliga-Träume des LSK schienen zu platzen. Lähmendes Entsetzen im Stadion.
Doch dann nahm LSK-Trainer Horst Rickmann den wohl besten Wechsel seines Lebens vor: In der 54. Minute brachte er für den 18-jährigen Junioren-Nationalspieler Ralf Sievers den 17-jährigen Karsten Wagner. Und der wurde in diesem Spiel schon in jungen Jahren zur Legende. In der 65. Minute köpfte er das 2:3. Neue Hoffnung! In der 81. Minute schoss Wagner nach Flanke von Körtge das 3:3. Und in der 84. Minute setzte er dem ganzen die Krone auf: „Schnecke“, wie er später genannt wurde, schnappte sich den Ball, vernaschte drei Gegenspieler, trickste dann auch noch ganz frech Torwart Bublitz aus und schob eiskalt zum 4:3 ein!
Diesen Moment werden alle, die dabei waren, nie vergessen. 6000 brüllten, tanzten, jubelten, lagen sich in den Armen. Sie waren live dabei gewesen – bei den unvergessenen „Wagner-Festspielen“.
Zobel macht Wagner rund: „Bilde Dir bloß nichts ein!”

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Karsten Wagner erinnert sich noch gut an die Woche nach dem 4:3-Triumph: „Gleich beim ersten Training hat Rainer Zobel mich rundgemacht. ,Bilde Dir bloß nichts ein, nur weil Du drei Tore geschossen hast, Du hast noch gar nichts erreicht’, hat er mich angeschnauzt.“ Karsten war damals mit seinen 17 Jahren ein unbekümmerter, schon recht selbstbewusster Fußballer. Immerhin hatte er in der abgelaufenen Saison Tore am Fließband für die A-Jugend und 1. Herren des LSK geschossen. „Ich habe ja nichts erwidert, aber im Stillen habe ich mir gedacht: ,Was willst Du denn? Ich habe Euch gerade den Arsch gerettet, und Du putzt mich hier runter?“ Karsten Wagner muss jetzt noch schmunzeln, wenn er daran denkt. „Aber Rainer hatte recht“, sagt er heute.
10.000 Zuschauer in Bergedorf! Fans rissen Zäune nieder
Mit dem 4:3-Wunder von Wilschenbruch waren die Wagner-Festspiele aber noch nicht zuende! Am Dienstag, 17. Juni (damals noch Nationalfeiertag), ging es zum letzten Spiel bei Bergedorf 85. Ich war damals B-Jugend-Trainer beim LSK und machte mich schon mittags mit meinem alten VW-Käfer auf die Reise. Bloß nichts verpassen! Aber bereits vor der Elbbrücke bei Geesthacht staute es sich. Tausende Lüneburger waren auf dem Weg nach Bergedorf. Eine endlose Karawane in Schwarz-Weiß. Es ging nur im Schritttempo voran.
Kurz vor Spielbeginn traf ich am Stadion Sander Tannen ein. Doch, ach du Schreck! Lange Schlangen an den wenigen Stadionkassen. Die Nerven lagen blank. Da griffen die Fans zur Selbsthilfe, rissen den Zaun nieder. Hunderte strömten ohne Eintrittskarte rein. Ja, ich gestehe, auch ich (ist ja wohl nach 40 Jahren verjährt). Drinnen ein unglaubliches Bild: 10.000 Zuschauer! Ich fand noch einen Platz neben dem großen LSK-Gönner Günter Friedrich.
Dann begann des Dramas letzter Akt. Der LSK spielte mit: H. Krause – Hoffmeister (59. Wagner), Warsitzka, Abels, Körtge – Sievers, Zobel, D. Krause, Stäcker – Ulbrich (73. Bubolz), Fleske. Ausgangslage: Bergedorf musste gewinnen, um aufzusteigen, dem LSK reichte ein Unentschieden.

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Warsitzka spielte für den Ex-HSV-Profi „Ditschi“ Ripp (Kreuzbandriss) Libero beim LSK, machte ein großes Spiel. Hinten brannte wenig an. Es wurde erst kritisch, als Rechtsverteidiger Volker Hoffmeister in der 25. Minute eine 10-Minuten-Strafe abbrummen musste. Doch das ging gut, weil auch LSK-Torwart Helmut Krause und Abwehrstratege Peter Abels wieder einen Sahnetag hatten.

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In der 41. Minute sogar die Führungschance für den LSK. Mittelfeldspieler Martin Stäcker startete einen herrlichen Alleingang, ließ einen seiner gewaltigen Schüsse los, doch 85-Keeper Sprang hielt. 0:0 zur Pause. Dieses Ergebnis würde reichen.

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Nach dem Wechsel überschlugen sich die Ereignisse. In der 55. Minute traf Bergedorfs Emmerich nur den Pfosten. Glück für den LSK! In der 62. Minute die vermeintliche Führung für 85. Doch der spätere Bundesliga-Schiedsrichter Hans-Joachim Osmers erkannte den Treffer nicht – „aus nicht ganz ersichtlichen Gründen“, wie selbst LZ-Reporter Christoph Steiner am nächsten Tag in seinem Bericht zugeben musste.
Die Bergedorfer Zeitung dagegen verlor völlig die Fassung, schrieb vom „Parteiischen Osmers“ und dessen angeblicher „Hinrichtung“ von Bergedorf 85.

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Dreimal Rot – da drehte Vater Meier durch

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Zurück in die Schlussphase des Aufstiegskrimis: 85-Torwart Sprang rettete zweimal gegen den eingewechselten Karsten Wagner. Noch zehn Minuten. Noch immer 0:0. Das war nervlich zu viel für einige Bergedorfer. Norbert Meier foulte Fleske, sah Gelb, meckerte und flog mit Rot vom Platz (82.). Mittelstürmer Petersen folgte ihm in der 84. Minute nach rüdem Foul an Fleske.
Neun gegen elf. Das nutzte der LSK zu cleverem Ballhalten. Fleske scheiterte in der 86. Minute nach tollem Solo. Dann machte der junge Himmelsstürmer den Sack zu: Mit einem platzierten Linksschuss aus 16 Metern erzielte „Schnecke“ Wagner das 1:0 und ballerte den LSK in die dritte Liga. Danach sah auch noch der völlig frustrierte Bergedorfer Schmidt Rot.

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Presse-Echo: „Brutalität! Blut! Blaulicht!“
NDR-Reporter Rainer Koppke rechnete hinterher im Fernseh-Beitrag gnadenlos mit den Bergedorfern ab. Er sprach von „brutaler Härte“ der 85er, nannte deren Fans „fanatisiert“, fand das Auftreten des LSK-Gegners „skandalös“ und klagte: „Leider keine Seltenheit in Bergedorf.“
Doch der LSK hielt dem immensen Druck im Hexenkessel stand. Nach dem Abpfiff grenzenloser Jubel im Lüneburger Lager, Wagner auf den Schultern der Fans. Grenzenlose Wut dagegen bei den Bergedorfern. Einer drehte komplett durch. Der Vater von Norbert Meier lief Schiedsrichter Osmers auf dem Platz entgegen, schlug ihn mit dem Regenschirm mitten ins Gesicht. Tumulte, Polizei-Einsatz.
BILD schrieb: „Fußball-Skandal in Bergedorf! Schiri mit dem Schirm verprügelt – Blut! Lüneburg mit Blaulicht in die 3. Liga“.

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Dem LSK war’s egal. Endlich geschafft! Nur noch eine Klasse unter der 2. Bundesliga! Der pudelnasse LSK-Trainer Horst Rickmann erschien in Badehose zur Pressekonferenz. Er war nicht der einzige, der an diesem Lüneburger Jubeltag baden ging.

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Nach dem Spiel ging die Party richtig ab!
Nach der Rückkehr in Lüneburg stieg im Vereinsheim beim Wirtsehepaar Wolfgang und Gudrun Voß eine der rauschendsten Feiern, die Wilschenbruch je gesehen hat. Sprechchöre: „2. Bundesliga, wir kommen!“ und immer wieder: „LSK! LSK!“ Es gab ein opulentes Essen.
Spieler und Fans bildeten danach einen großen Kreis aus Stühlen, stellten sich mit Sekt- und Bierflaschen drauf. Jeder musste unter Gesängen („We have a Flocke Fleske in our team …“) eine Duschrunde drehen: Präsident Gerd Meyer-Eggers, die Spieler und Trainer, die Masseure Werner Nottebohm und Volker Strechel, Betreuer Karl Capelle, die Mäzene Dietrich Conrad und Günter Friedrich, die Vorständler „Teddy“ Zellmann und Friedel Wagenknecht, Vereinsoriginal Alfred Fehmer. Manch feiner Zwirn wurde an diesem Abend vom Alkohol ruiniert. Na und!
Leider – oder zum Glück – sind von dieser Orgie der Glückseligkeit keine Fotos mehr aufzufinden.
In der Nacht ging’s mit der Mannschaft weiter durch die Welt der Kneipen. Überall Beifall und Gesänge: „Der LSK wird niemals untergeh’n!“ Die Aufstiegsfeier endete im Morgengrauen bei Wirt Rainer Lüdecke im Rosenkrug. Einige Versprengte um Martin Stäcker sollen sogar noch weitergezogen sein zu Schlachter-Horst, dem resoluten Wirt der Sülze, und anschließend oben bei Karstadt gefrühstückt haben. Was für ein Tag, was für eine Nacht!
Gefeiert, aber nicht gefeuert
Mit Folgen. An manchem Lüneburger Arbeitsplatz lief am nächsten Tag wenig bis gar nichts. Auch ich musste passen. Erst am Montag hatte ich einen neuen Studentenjob als Bierfahrer angetreten. Doch schon am zweiten Arbeitstag meldete mich meine Freundin krank: „Er kann heute nicht, hat mit dem LSK den Aufstieg gefeiert.“ Mit dem LSK gefeiert? Das ließ mein Chef gelten, wie ein ärztliches Attest. Ich wurde nicht gefeuert, konnte danach noch manche Kiste Bier der Marken EKU und DUB in die damals so beliebten Heina-Trinkhallen schleppen.

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Lüneburg im Fußballfieber: „LSK – alles klar!“

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In diesen fußballverrückten Tagen begrüßten sich die Lüneburger nicht mehr mit „Hallo, wie geht’s“, sondern mit einem neuen Schnack: „LSK?“ Antwort: „Alles klar!“
Bald prangte der Aufkleber mit diesem Motto auf hunderten Lüneburger Autos. Der LSK war in aller Munde, schwamm auf einer Welle der Sympathie. Das Aufstiegsteam wurde vom fußballbegeisterten Oberbürgermeister Heinz Schlawatzky feierlich im Rathaus empfangen. Die Leser der Landeszeitung kürten die Helden zur Mannschaft des Jahres 1980. Was für eine Euphorie, was für eine Freude in der Stadt! Mancher ist in diesen begeisternden Wochen des Jahres 1980 LSK-Fan geworden und bis heute geblieben.

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Sievers wurde nach dem Aufstieg Weltmeister und Profi
LSK-Jungstar Ralf Sievers setzte einige Monate später noch einen drauf: Der Mittelfeldspieler wurde mit der deutschen Nationalmannschaft der A-Jugend Weltmeister in Australien! Sievers wurde in allen sechs Spielen von Trainer Dietrich Weise eingesetzt. „Ralle“ spielte bis 1982 beim LSK, wechselte dann in die Bundesliga zu Eintracht Frankfurt. Als Weise 1983 Trainer der Frankfurter wurde, trafen sich die beiden Weltmeister wieder. Der Rest ist bekannt: Sievers absolvierte 276 Bundesligaspiele für die Frankfurter und den FC St. Pauli.

Zobel zu Sievers: „Ich spiele, Du läufst!“
Auch Ralf Sievers war zuvor – wie Karsten Wagner – durch die harte Zobel-Schule beim LSK gegangen. Rainer Zobel erinnert sich: „Ich habe ihm damals ganz klar gesagt: Ich spiele, Du läufst!“ Und Sievers lief – bis zum DFB-Pokal-Sieg mit den Frankfurtern im Jahr 1988.

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So ging es mit den Aufstiegshelden weiter
Ralf Sievers legte also die ganz große Profi-Karriere hin – und wie ging es mit den anderen Aufstiegshelden von 1980 weiter?
Horst Rickmann lieferte mit seiner Mannschaft eine glänzende erste Drittliga-Saison ab: Platz 8. Zuschauerschnitt: über 3000. Er trainierte den LSK bis 1982, wechselte dann nach fünf erfolgreichen Jahren in Wilschenbruch zum Ortsrivalen Eintracht Lüneburg. Rickmann zog später nach Westdeutschland. Martin Stäcker erinnert sich: „Horst konnte einfach gut mit uns Spielern umgehen.“
Manfred Nitschke war Co-Trainer der Aufstiegstruppe. Meist leitete er die Trainingseinheiten, während Rickmann auch gern mal mit einem Gläschen in der Hand vom Vereinsheim aus zuschaute. Nitschke wurde später Cheftrainer beim LSK. Er ist heute einer der Aktivisten beim wohltätigen LSK-Freundeskreis „Jungs von Wilschenbruch“, hat gerade die neue LSK-Fußballschule mitgegründet.
Helmut Krause stand noch bis 1987 im LSK-Tor. Über viele Jahre ein überragender Keeper! Bis ihn ein Jüngerer ablöste: der spätere Bundesliga-Keeper Jörg Sievers, Pokalheld von Hannover 96.

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Alfred Warsitzka war bis 1983 der Turm im Abwehrzentrum des LSK. Später kehrte der Pädagoge als Trainer beim Landesligisten TuS Neetze zurück in die Fußball-Arena. Alfred ist heute Stammgast bei den Heimspielen seines LSK.
„Ditschi“ Ripp zog sich in der Aufstiegsrunde 1980 einen Kreuzbandriss und einen Meniskusschaden zu. Danach beendete der Libero, der 1977 mit dem HSV den Europapokal der Pokalsieger gewonnen hatte, seine Karriere beim LSK.
Volker Hoffmeister verteidigte bis 1983 auf der rechten Seite des LSK. Er war danach mal Betreuer der 1. Mannschaft, engagiert sich heute als Coach bei den Jugend-Trainingscamps des LSK.
„Kuddi“ Körtge machte ab 1970 über 500 Spiele für den LSK! Heute kaum noch denkbar. Im Jahr 1986 beendete der schnelle Linksverteidiger mit dem Mordshammer seine bemerkenswerte LSK-Karriere. Später war der Soldat dann Trainer, u. a. bei der Lüneburger SV.
Peter Abels fuhr im Jahr 1980 neben Meisterschaft und Aufstieg noch einen weiteren Titel ein: Er wurde zum schönsten Disco-Mann Lüneburgs gewählt. Bis 1984 räumte Peter resolut in der LSK-Defensive auf. Vor einiger Zeit tauchte er mal wieder in Lüneburg auf, war Zuhörer beim traditionellen „Kabinengespräch“, einer Vortragsreihe der „Jungs von Wilschenbruch“ im Schallander.
Dieter Krause war damals das, was der Gladbacher Hacki Wimmer für Günter Netzer war, die nimmermüde „Fleißbiene“ im Mittelfeld. Dieter nahm den LSK-Künstlern Zobel und Stäcker die Laufarbeit ab. Er lief und lief und lief bis 1985 in Wilschenbruch.
Martin Stäcker war bis 1984 im Mittelfeld des LSK der Schrecken aller gegnerischen Torhüter. Seine Distanzschüsse waren gefürchtet. Zudem verfügte der lebensfrohe Martin über eine feine Technik. Bis heute ist er Stammgast bei den LSK-Heimspielen. Außerdem – das sei auch erwähnt – Ideengeber und Informant für diesen Bericht.
Mehr als 2x Training? Zobel: „Hoffentlich nicht!“

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Roland Ulbrich schoss bis 1983 noch viele Tore für den LSK. Er war Ende der 70er und in den 80ern zusammen mit Karsten Wagner das Traumduo im Sturm. Der „Bomber“ ist heute immer noch topfit, läuft viel und mischt als Trainer bei den LSK-Trainingscamps mit.
Wolfgang Bubolz, genannt „Tabi“, dribbelte bis 1982 auf Rechtsaußen für den LSK. Er wurde später LSK-Präsident. Der Logistik-Unternehmer hat seinen Firmensitz direkt neben dem neuen LSK-Trainingszentrum in der Goseburg, unterstützt seinen Verein bis heute.
Wolfgang „Flocke“ Fleske stürmte bis 1984 auf dem linken LSK-Flügel. Ein brillanter Außen mit starkem linken Fuß und großer Spielübersicht – ein feiner Kerl zudem. Noch heute ist der Physiotherapeut ab und zu dabei, wenn sich die „Jungs von Wilschenbruch“ am Donnerstagvormittag zum Stammtisch im Café Central treffen.
Rainer Zobel spielte bis 1982 beim LSK. Er wurde nach dem Aufstieg in die 3. Liga vom NDR-Fernsehen gefragt, ob der LSK nun häufiger als zweimal in der Woche trainieren müsse. Zobel grinste: „Hoffentlich nicht!“ Er wurde 1986 Trainer in Wilschenbruch. Danach wechselte er auch als Coach in den Profibereich – Braunschweig, Stuttgarter Kickers, 1. FC Kaiserslautern, 1. FC Nürnberg waren Bundesliga-Stationen. Danach ging es hinaus in die Welt: Ägypten, Südafrika, Moldawien, Arabische Emirate, Georgien, Iran, um nur einige Länder zu nennen. Dann schloss sich der Kreis: 2017 kehrte Rainer Zobel zurück zum LSK. Jetzt ist er Teamchef. Er tut mit seiner Erfahrung, seinem Engagement, seiner Freundlichkeit und auch seiner Prominenz viel für unseren Verein.
… und Karsten Wagner? Er wurde zum größten Torjäger, den Wilschenbruch je sah. Er schoss über 100 Tore in der Amateur-Oberliga, war maßgeblich daran beteiligt, dass sich der LSK fast ein Jahrzehnt in der dritten Liga behauptete. 1988 wagte „Schnecke“ den Sprung zum Profiklub Eintracht Braunschweig. Doch eine schwere Knieverletzung stoppte ihn jäh, 1989 beendete er seine glänzende Karriere mit nur 27 Jahren. Den Abstieg des LSK aus der dritten Liga im Jahr 1989 musste er nicht mehr als aktiver Spieler miterleben.
Die Jungs von Wilschenbruch sind bis heute Freunde
Die Aufstiegshelden von 1980 sind bis heute Freunde geblieben. Als „Jungs von Wilschenbruch“ unterstützen sie ihren LSK, organisieren Trainingscamps für die Jugend, geben auch finanzielle Hilfe. Gerade haben sie „Rainer Zobel & Freunde – Die LSK-Fußballschule“ gegründet. Eigentlich wollten sie sich im Juni alle treffen, um den 40. Jahrestag zu feiern und in Erinnerungen zu schwelgen. Das muss nun wegen Corona ausfallen. „Aber wir holen es auf jeden Fall nach“, sagt Martin Stäcker.
Es gibt eben Erlebnisse, die verbinden Menschen ein Leben lang.

Foto: Jürgen Poersch