Ein Fußballmärchen: Irak-Flüchtling Sharba – aus der Kreisklasse zum LSK!

Foto: Jürgen Poersch
Es klingt wie ein Fußballmärchen: Hussein Sharba spielte bisher mit der Lüneburger SV in der 1. Kreisklasse. Dann fasste sich der 20-Jährige ein Herz und meldete sich zum Probetraining beim Lüneburger SK an. Dort hinterließ er einen so starken Eindruck, dass er in der kommenden Saison zum Regionalliga-Kader gehört.
Der junge Iraker war die große Entdeckung im Casting des LSK, bei dem sich 20 Spieler vorgestellt hatten. „Hussein hat einen guten Eindruck hinterlassen“, sagt Teamchef Rainer Zobel, „wir haben mit ihm vereinbart, dass er immer mit dem Regionalliga-Team trainieren und zunächst in unserer neuen U23 spielen wird. Wenn wir sehen, dass er sich in den Zweikämpfen durchsetzen kann und diszipliniert ist, dann wird er seine Spielzeiten in der Regionalliga bekommen. Es gefällt mir, dass Hussein seine Chance bei uns sucht.“
Auch LSK-Cheftrainer Qendrim Xhafolli traut dem Neuzugang den Sprung in die Regionalliga zu: „Er ist technisch stark und schnell. Wenn er lernwillig ist und das umsetzt, was wir von ihm erwarten, dann kann er einer werden.“
„Wir hatten große Angst auf der Flucht von Bagdad“
Genau das hat Hussein Sharba vor. Er hat einen weiten Weg hinter sich – von Bagdad bis nach Lüneburg. „Im September 2015 bin ich mit meinem Vater und meinem jüngeren Bruder Abbas vor dem Krieg im Irak geflohen“, erzählt er. Zehn Tage waren sie unterwegs. „Mein Bruder und ich hatten große Angst, ich war 15, Abbas erst 13.“ Von Bagdad ging es in die Türkei, von dort weiter mit dem Boot nach Griechenland.
Erste Station in Deutschland war ein Aufnahmelager in Frankfurt, von dort ging es in ein Container-Camp in Harburg. Hussein, der in Bagdad in der Jugend des Erstligisten Al Zawraa gespielt hatte, stellte sich bei der B-Jugend des HSV vor, machte zwei Testspiele mit. „Doch dann mussten wir weiterziehen ins Flüchtlingslager Braunschweig, später nach Sumte, bis wir zuletzt in Lüneburg-Kaltenmoor gelandet sind.“
Hussein trainierte in der Nachbarschaft bei den Herren der Lüneburger SV mit, war aber noch zu jung, um Spiele zu bestreiten. „Dann bin ich in die Niedersachsenliga-A-Jugend des MTV Treubund gewechselt.“ Doch dort gab es aber nach zwei Spielzeiten Unstimmigkeiten, sodass der junge Iraker zurück zur LSV ging.
Hussein und der LSK bedanken sich bei der LSV
„Das war mir von der Spielklasse aber zu niedrig“, sagt er. Deshalb hat er seine Trainer Alexander Gauk und Hüsa Sönmez gebeten, mal beim LSK anzufragen. Die beiden nahmen Kontakt mit LSK-Spielobmann Thomas Wiebe auf. Der Rest ist bekannt. „Hüsa und Alex haben mich sehr unterstützt“, bedankt sich Hussein bei seinen Trainern. Und Thomas Wiebe bestätigt: „Die LSV hat sich in den Verhandlungen überaus entgegenkommend und fair verhalten, dem Spieler keinerlei Steine in den Weg gelegt. Dafür möchten wir uns ausdrücklich bedanken, auch bei Obmann Markus Maier. Das waren sehr angenehme Gespräche.“

Foto: Jürgen Poersch
Für Hussein Sharba geht nun der Traum vom höherklassigen Fußball in Erfüllung. „Das hat im Probetraining schon richtig Spaß gemacht“, schwärmt er, „ich hatte großen Respekt, da waren viele richtig gute Spieler, aber ich habe alles gegeben.“ In der Tat. Der Mann aus der Kreisklasse schlug sich erstaunlich gut zwischen den Regionalliga-Cracks, setzte sich mit seiner technischen Brillanz ein ums andere Mal auf dem rechten Flügel durch.
Was muss er noch lernen? Hussein ist selbstkritisch: „Ich muss gedankenschneller werden, das hat mir Trainer Qendrim Xhafolli auch gleich gesagt.“ Fußballerisch sieht er sich gut gerüstet. Als er nach dem Unterschied zwischen dem irakischen und deutschen Fußball gefragt wird, überlegt er kurz: „Die irakischen Fußballer sind technisch stärker, aber die deutschen sind taktisch besser ausgebildet, spielen klüger.“
„Hier habe ich eine bessere Zukunft“
Apropos klug: Heute hat Hussein Sharba, der vor fünf Jahren nach Deutschland kam, an der Volkshochschule seinen Realschulabschluss bestanden. Herzlichen Glückwunsch! Er spricht schon erstaunlich gut Deutsch. Was hat er nach der Schule vor? „Ich habe mich für ein Praktikum beim Autohaus B+K angemeldet. Ich möchte gerne Mechatroniker werden.“ Er hat allerdings auch noch eine Alternative im Kopf: „Vielleicht mache ich auch mein Fach-Abi an den Berufsbildenden Schulen.“
Hussein möchte auf jeden Fall in Deutschland bleiben. „Ich habe zwar oft Heimweh – nach meinen Freunden, nach dem irakischen Essen, nach der lauten und lebendigen Großstadt Bagdad. Aber hier ist es viel sicherer, hier habe ich eine bessere Zukunft.“
Lieber Hussein, die LSK-Familie heißt Dich herzlich willkommen. Wir wünschen Dir, dass sich alle Deine Träume in Deutschland und beim LSK erfüllen.