Der nächste Junge von St. Pauli kehrt heim: LSK holt Michel Oelkers!

Foto: Jürgen Poersch
„Junge, kommt bald wieder, bald wieder nach Haus“ sang Freddy Quinn, der Junge von St. Pauli, im Jahr 1962 und landete mit der Seemannsschnulze einen Millionen-Hit. Jetzt kommt wieder ein Junge von St. Pauli nach Hause: Regionalligist Lüneburger SK hat den 19-jährigen Defensivspieler Michel Oelkers aus der U19-Bundesliga-Mannschaft des FC St. Pauli für zwei Jahre verpflichtet.
„Für Michel ist immer ein Platz frei“
Oelkers ist nach Marian Kunze, Alessandro Otte und Paolo Rieckmann bereits der vierte Spieler aus unserer Region, der aus dem Millerntor-Nachwuchs zum LSK wechselt. „Für Michel ist immer ein Platz im Kader frei, wenn er mal zurück nach Lüneburg möchte“, hatten LSK-Teamchef Rainer Zobel und Cheftrainer Qendrim Xhafolli schon vor Wochen erklärt. Jetzt bot sich die Gelegenheit, den hochtalentierten Sohn von LSK-Co-Trainer Thomas Oelkers zu verpflichten. Der Verein schlug zu. Gestern hat Oelkers seinen Vertrag in der Kanzlei von LSK-Präsident Sebastian Becker unterzeichnet.

Foto: LSK
Wir haben mit Michel Oelkers über seinen Transfer gesprochen. 2014 wechselte er vom VfL Lüneburg zum FC St. Pauli, war in der U15 Mannschaftskapitän und bekam den begehrten Fördervertrag. Doch dann warfen ihn böse Verletzungen zurück.
Bittere Zeiten beim FC St. Pauli
Wie war das damals? „Der Fördervertrag war schon etwas Besonderes, ich wollte richtig angreifen. Doch dann hatte ich erst einen Kreuzbandriss, musste in der U15 und U16 insgesamt ein Jahr lang aussetzen. Als ich wieder fit war, habe ich mir gleich im ersten Spiel einen Meniskus-Anriss zugezogen und musste noch einmal vier Monate pausieren.“ Bittere Zeiten. Doch Michel kämpfte sich zurück, fand in der U17 wieder Anschluss, spielte bis zur U19-Bundesliga am Millerntor.
Jetzt stand der Wechsel in den Herrenbereich in die U23 an. Noch beim Testspiel des FC St. Pauli II beim TuS Neetze am 12. August stand Oelkers im Kader. Beim 8:1-Sieg spielte er in der zweiten Halbzeit auf der linken Außenbahn eine tadellose Partie. Doch jetzt die Trennung.
Wie kam’s? „Es war ein großes Hin und Her, wohl auch wegen Corona“, erzählt Michel, „wir Spieler wussten nicht, woran wir waren, ob unsere Verträge verlängert werden oder nicht.“ Endlich gab es ein Gespräch. „Da wurde mir mitgeteilt, dass mein Vertrag nicht verlängert wird, weil in der kommenden Saison immer wieder Profis aus dem Zweitliga-Kader in die U23 runterkommen würden und man mir nicht seriös genügend Einsatzzeiten garantieren könne.“
Einzelschichten für den Traum vom Profifußball
Ist da ein Traum zerplatzt, der Traum vom Profifußball, für den Michel und seine Eltern in den vergangenen sechs Jahren sehr viel geopfert haben? Oelkers denkt positiv: „Nein, die Perspektive Profifußball bleibt für mich weiter bestehen. Ich gehe einen Schritt zurück, möchte mir beim LSK Einsatzzeiten erkämpfen, mich weiter entwickeln, um später doch noch den Sprung in den Profifußball zu schaffen. Dafür werde ich viele Einzelschichten einlegen.“
Michel Oelkers hat nach dem Abitur an den Berufsbildenden Schulen in Lüneburg schon einen genauen Plan: „Ich würde gerne ein Freiwilliges Soziales Jahr absolvieren, am liebsten beim LSK. Daneben möchte ich viel mit LSK-Athletiktrainer Gregor Trowitzsch an meiner Schnelligkeit und Athletik arbeiten. Da sehe ich beim LSK ähnlich gute Bedingungen wie beim FC St. Pauli.“ Da wird wohl für seine Hobbys Tischtennis und FIFA-Daddeln nur noch wenig Zeit bleiben.
„Alle sind freundlich auf mich zugekommen“

Foto: Jürgen Poersch
Also kein tiefer Frust nach dem Aus beim FC St. Pauli? „Nein, zumal ich sehr gut von der Mannschaft aufgenommen worden bin. Ich kenne ja schon viele Spieler wie Alessandro Otte, Abdul Gafar, Paolo Rieckmann, Alessandro Dente, Stefan Wolk und Lukas Pägelow. Alle LSK-Spieler sind freundlich auf mich zugekommen, sodass ich mich von Anfang an sehr wohlgefühlt habe.“
Auf welcher Position fühlt sich Michel denn am wohlsten? „Am liebsten spiele ich defensiv im Zentrum als Sechser oder Achter, aber auch links in der Dreier- oder Viererkette, habe ich alles schon gemacht“, sagt der flexible Linksfuß.

Foto: Jürgen Poersch
Wo sieht er seine Stärken? „Naja, im Passspiel und in der Spielübersicht“, meint Michel. Und woran muss er noch arbeiten? „Wie gesagt, an der Schnelligkeit und Athletik. Auch mein Kopfballspiel kann ich noch verbessern“, sagt der sympathische Adendorfer, für einen 19-Jährigen wohltuend selbstkritisch.
Michel schwärmt für Iniesta und den HSV
Hat er auf der Suche nach Verbesserung ein Vorbild? „Ja, das ist eindeutig Andrés Iniesta. Seine Spielweise beim FC Barcelona hat mich begeistert. Außerdem fand ich beeindruckend, wie offen er über seine Depression gesprochen hat.“ Gibt es einen Lieblingsverein im Profifußball? „Ja, ganz klar und schon immer der HSV!“ Jetzt, wo er weg ist vom Millerntor, kann er’s ja laut sagen.
Mit der Raute im Herzen könnte Michel Oelkers, der ehemalige Junge von St. Pauli, sein Debüt für den LSK schon am kommenden Sonntag um 13 Uhr geben – beim HSV!

Foto: Michael Behns
Vom LSK zu den Profis – Wriedt hat’s vorgemacht
Michel Oelkers ist also zurück in Lüneburg beim LSK, wo sein Vater einst einen hervorragenden Libero (die Älteren wissen, wovon die Rede ist) spielte. Mit der Rückkehr muss Michel seine Profiträume nicht begraben. Das hat ein anderer vorgemacht, der 2015 beim FC St. Pauli aussortiert wurde. Auch „Otschi“ Wriedt ging einen Schritt zurück zum LSK, wurde Torschützenkönig der Regionalliga, kam über den VfL Osnabrück zum FC Bayern München II, den er in der vergangenen Saison mit 24 Toren zur Meisterschaft in der 3. Liga schoss. Lohn: In der kommenden Serie spielt der 25-jährige Wriedt (Marktwert: 800.000 Euro) als Profi in der ersten holländischen Liga bei Willem II Tilburg. Für Michel vielleicht ein weiteres Vorbild neben dem großen Iniesta.