7000 Zuschauer kamen 1975 zum entscheidenden Aufstiegsspiel LSK gegen Atlas Delmenhorst. Hier sieht man „Tabi“ Bubolz (vorne) im Duell mit Atlas-Keeper Grunow. Hinten links schaut LSK-Spielmacher „Jonny“ Albers zu.
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Erinnerungen an goldene Fußballzeiten werden wach, wenn der Lüneburger SK an diesem Sonntag (15 Uhr) im Neetzer Jahnstadion Atlas Delmenhorst zum Regionalliga-Duell empfängt. Es ist das Aufeinandertreffen zweier Klubs mit großer Tradition und gutem Namen im Fußball-Norden. Werfen wir also zunächst einen Blick zurück auf zwei denkwürdige Spiele, bevor wir uns dem Match am kommenden Sonntag zuwenden.

Keine Chance gegen die Werder-Stars

Juni 1975: Der LSK ist hinter FG Winsen Zweiter in der Verbandsliga geworden und steht in der Aufstiegsrunde zur Landesliga, damals die dritte Liga. Atlas Delmenhorst ist der große Favorit. Das Team ist mit ehemaligen Werder-Bremen-Stars gespickt, allen voran Ex-Nationaltorwart Günter Bernard (5 Länderspiele, 287 Partien für Werder) und Heinz-Dieter Hasebrink (199 Spiele und 42 Tore für Werder).

Der LSK startet vor 6500 Fans in Delmenhorst, liegt 0:4 hinten. Doch in der Schlussphase schießen Jörg Drebold und „Kuddi“ Körtge noch zwei Tore zum 2:4. Das macht Mut. Der junge Sportreporter Jens-Peter Hecht (später Pressesprecher des Deutschen Tennis-Bundes und des LSK) schreibt nach dem Spiel in der Landeszeitung: „Wenn die Wilschenbrooker in den kommenden Spielen eine Leistung wie in der zweiten Halbzelt zeigen, dürfen sie sich durchaus noch Hoffnungen auf den Aufstieg machen.“

Danach läuft es tatsächlich gut. Der LSK holt gegen Germania Leer und den 1. FC Wunstorf jeweils einen Sieg und ein Unentschieden. So kommt es am 22. Juni, dem letzten Spieltag, zum Showdown in Wilschenbruch. Mit einem Sieg kann der LSK den Aufstieg packen. Lüneburg ist im Fußballfieber. 7000 Fans strömen nach Wilschenbruch.

Der LSK spielt mit: Ring – Wulff, Kuhn (75. Plasa), Kosak, Warsitzka – Spieß, Albers, Höft – Bubolz, Drebold (78. Urban), Körtge

Wolfgang Bubolz (l.) schießt das 1:0 für den LSK.
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Die Erwartungen sind groß. „Tabi“ Bubolz schießt den LSK sogar 1:0 in Führung. Freudentänze auf den Rängen. Doch dann wird die Partie zum Desaster. Die Atlas-Stars (ohne den verletzten Keeper Bernard) nehmen den LSK mit 5:1 auseinander. Die Lüneburger unter den 7000 ziehen bedröppelt von dannen. Delmenhorst steigt auf, Lüneburg schiebt Frust.

Dritte Liga – LSK ist dabei!

Endlose Schlangen an den Kassenhäuschen in Wilschenbruch. 4000 Zuschauer wollen 1980 LSK gegen Atlas Delmenhorst sehen.
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Besser läuft es fünf Jahre später. Der LSK ist nach dem legendären 1:0-Sieg in Bergedorf vor 10.000 Zuschauern in die Amateur-Oberliga aufgestiegen und jetzt Drittligist. Erster Gast in Wilschenbruch: Atlas Delmenhorst. Wieder große Fußball-Euphorie in der Stadt. 4000 wollen das Heimdebüt sehen. Und sie werden nicht enttäuscht.

Der LSK spielt mit: Krause – Hoffmeister, Abels, Warsitzka, Körtge – Sievers, Zobel, Stäcker – Wagner (75. Münk), Ulbrich, Fleske

Der junge Himmelsstürmer „Schnecke“ Wagner (r.) schießt das 1:0 für den LSK.
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Der LSK geht durch den frischgebackenen Aufstiegshelden Karsten Wagner mit 1:0 in Führung. Nach dem Ausgleich durch Selke schießt Martin Stäcker den LSK mit einem seiner unnachahmlichen Freistöße zum 2:1-Sieg. Riesenjubel.

Hier verpasst LSK-Bomber Martin Stäcker noch knapp per Kopfball …
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… doch dann schlägt Stäckers Freistoß zum 2:1-Siegtreffer ein. Atlas-Torwart Metz ist machtlos.
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Zobel zeigt Verschleißerscheinungen

Einer ist nach dem Spiel fix und fertig: LSK-Star Rainer Zobel, damals 31 Jahre alt, musste im Mittelfeld 90 Minuten hinter Atlas-Ass Ahlers herrennen, sodass die LZ-Reporter Christoph Steiner und Ronald Dubaschny hinterher im Spielbericht monieren: „Bei den Lüneburgern machten sich konditionelle Schwächen bemerkbar. Auch Zobel zeigte Verschleißerscheinungen!“

Heute muss Rainer Zobel nicht mehr selbst rennen. Der Teamchef des LSK lässt laufen. Er kann sich noch vage an das Spiel von 1980 erinnern: „Der Ahlers war richtig gut. Ich war 31, in dem Alter war für viele Fußballer schon Schluss, weil die Traininglehre, die Ernährung und die medizinische Betreuung damals längst nicht so fortgeschritten waren wie heute.“ Damit sind wir nach dem Ausflug in die Vergangenheit wieder in der Gegenwart.

„Wir sind völlig aus dem Rhythmus“

LSK-Teamchef Rainer Zobel (r.) und Cheftrainer Qendrim Xhafolli wissen nicht so recht, wo ihre Jungs stehen. Trotzdem sind sie vor dem Spiel gegen Atlas zuversichtlich.
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Wie ist Zobels Team in Schuss? „Das lässt sich schwer sagen. Erst die lange Corona-Unterbrechung, zuletzt wieder 14 Tage Pause wegen der beiden Spielausfälle gegen Jeddeloh und Werder. Wie sind völlig aus dem Rhythmus. Aber das geht allen Mannschaften in den Regionalligen so, das sieht man an den zum Teil völlig überraschenden Ergebnissen. Nur der VfB Oldenburg zeigt bisher Konstanz, alle anderen Klubs durchlaufen Höhen und Tiefen.“

Abdul Gafar (r.), hier gegen Flensburg, hat sich mit seinem starken Auftritt beim HSC Hannover für die Startelf empfohlen.
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Immerhin war der Teamchef in dieser Woche sehr zufrieden: „Das sah im Training alles richtig gut aus!“ Zwar fällt der linke Flügelmann Nico Hübner weiter mit Muskelverletzung aus, doch er wurde zuletzt beim 2:0-Auswärtssieg gegen HSC Hannover vom jungen Abdul Gafar stark vertreten. So kann Gafar mit einem weiteren Startelf-Einsatz rechnen, zumal Rechtsverteidiger Marian Kunze angeschlagen ist. „Fällt Marian aus, dann geht Gafar nach rechts und Arthur Filimonov spielt links“, so die Überlegungen von Zobel und Cheftrainer Qendrim Xhafolli.

Hübner fällt aus, Wolk, Kunze und Seidel wackeln

Hinter dem Einsatz von LSK-Mittelfeld-Stratege Stefan Wolk (l.) steht ein Fragezeichen.
Foto: Jürgen Poersch

Angeschlagen ist auch Sechser Stefan Wolk, für ihn käme Daniel Hefele zum Einsatz. „Daniel war stark Im Training. Würde er nicht von Beginn an spielen, täte uns das richtig weh“, sagt Zobel. Weiterer Wackelkandidat ist Stürmer Jonas Seidel. Auch da haben die Trainer einen Plan B: „Für Jonas würde Yigit Yagmur spielen, der im Moment ebenfalls einen hervorragenden Eindruck hinterlässt“, lobt Zobel.

Ghubasaryan zurück vom Länderspiel

Erfreulich außerdem: LSK-Abwehrspieler Erjanik Ghubasaryan ist unversehrt von den Spielen den armenischen U-21-Nationalmannschaft zurückgekehrt. Beim 2:0-Sieg gegen die Färöer Inseln war er noch rotgesperrt, bei der 1:2-Niederlage in der Ukraine spielte er 90 Minuten durch. „Erji“ ist Stammspieler in der Nachwuchs-Auswahl und schon im Fokus für die A-Nationalmannschaft Armeniens, die zuletzt ja 0:6 gegen Deutschland verlor.

Sorgen bei Atlas: Vier Spieler fallen aus

Trotz einiger Unsicherheiten also gute Stimmung im Lüneburger Lager. Etwas anders sieht es bei Gegner Delmenhorst aus. Beim 0:0 in Jeddeloh verletzten sich Kapitän Nick Köster und Abwehrspieler Efkan Erdogan so schwer, dass beide monatelang ausfallen. Doppel-Schock für Atlas. Damit nicht genug: Angreifer Dimitrios Ferfelis und Abwehrspieler Kristian Taag sahen in Jeddeloh gelb-rote Karten, sodass sie am Sonntag gesperrt sind.

Der Tabellenvierte Atlas ist glänzend in Saison gestartet: 1:1 gegen Hannover 96 II, der famose 4:1-Sieg gegen VfV Hildesheim und zuletzt das 0:0 Jeddeloh. Das kann sich sehen lassen!

LSK-Teamchef Zobel sieht die aktuellen Ausfälle bei den Delmenhorstern nicht unbedingt als Vorteil für sein Team: „Dann kommen andere, junge Spieler rein, die sich unbedingt beweisen wollen. Wir hatten solche personellen Engpässe auch schon und sind gut damit klargekommen.“

Reichen 19 LSK-Spieler für die Saison?

Apropos personelle Engpässe. Der LSK geht mit 19 Spielern in die Saison, ähnlich wie in der Saison 2019/2020, als bei einem Spiel im Dezember nur noch Reservetorwart Haris Zlomusica als Auswechselspieler auf der Bank saß. Droht solch ein Szenario erneut?

Zobel sagt klar: „Die Kritik von außen kann ich verstehen. Wir Trainer haben mit dem Vorstand gesprochen und erfahren, dass sich der LSK angesichts der massiven Einbußen in Corona-Zeiten weitere Spieler finanziell einfach nicht leisten kann. Deshalb sagen wir, das ist okay für uns. Wenn Kritiker meinen, dass wir mehr Spieler und bessere Spieler brauchen, dann sollen sie uns das Geld dafür geben. Dann können wir uns verstärken.“

Hilfreich wäre auch schon, wenn am Sonntag mehr als die 378 Zuschauer kämen, die zuletzt gegen Hildesheim da waren. Der Vorverkauf läuft wie immer online unter www.lsk-hansa.de/ticketshop. Der Einlass erfolgt wieder nach der bekannten 3-G-Regel: Vollständig Geimpfte sowie Genesene und aktuell Getestete dürfen rein. Wer sein Ticket bereits online geordert hat, muss sich nicht mehr am Einlass registrieren, weil seine/ihre Daten ja schon hinterlegt sind.

Wir sehen uns in Neetze zum Traditionsduell LSK gegen Atlas Delmenhorst!